Indikationen von Kompressionsstrümpfen

Indikationen für Kompressionsstrümpfe

Kompressionsstrümpfe werden bei verschiedenen venösen und lymphatischen Erkrankungen eingesetzt um die Beschwerden zu lindern und das fortschreiten der Erkrankung zu bremsen. Neben der richtigen Indikation ist auch die Wahl des passenden Strumpfs entscheidend für eine erfolgreiche und komfortable Therapie. Grundsätzlich gilt, je weiter Fortgeschritten die Erkrankung ist und je grösser die Beinumfänge sind, desto höher sollte die Stiffness des Strumpfs sein. Nachfolgende werden die wichtigsten Indikationen für Kompressionsstrümpfe beschrieben.

Funktionelle Beschwerden

  • müde, schwere Beine; Leicht geschwollene Füsse gegen Abend: Langes Sitzen oder Stehen kann auch bei gesunden Venen Beschwerden hervorrufen, die sich mit Kompressionsstrümpfen reduzieren lassen.

Indikation: Venöse Erkrankungen

  • Krampfadern: Krampfadern können Beschwerden wie Juckreiz oder schwere Beine hervorrufen und gehören zu den typischen Indikationen.
  • chronische venöse Insuffizienz (CVI): CVI ist der Überbegriff für eine Venenschwäche unterschiedlicher Ausprägung. CVI Stadium I beschreibt etwa Besenreiser, während CVI Stadium 3 für Krampfadern mit Schwellungen und Hautveränderungen wie Verfärbungen oder Ekzemen steht. Je weiter fortgeschritten die CVI, desto wichtiger ist die Kompressionstherapie.
  • offenes Bein (Ulcus cruris): Das offene Bein ist das fortgeschrittenste Stadium der CVI. Wegen der schlechten Durchblutung können kleine Wunden über dem Knöchel nicht mehr heilen und werden unbehandelt immer grösser. Die Kompression ermöglicht die Heilung.
  • Venenoperation: Kompressionsstrümpfe werden nach der Venenoperation getragen um Schwellungen und Blutergüsse zu reduzieren. Nach der Operation kann das Tragen von Kompressionsstrümpfen weiterhin sinnvoll sein, um die erneute Entstehung von Krampfadern vorzubeugen.
Krampfadern, Besenreiser oder OP als Indikation für Strümpfe

Thrombose

  • Thromboseprophylaxe: Das Thromboserisiko ist etwa nach Operationen, Unfällen oder bei gewissen vererbten Erkrankungen (z.B. Faktor-V-Leiden-Mutation) erhöht. Kompressionsstrümpfe begünstigen den venösen Blutfluss und wirken vorbeugend.
  • akute Thrombose: Kompressionsstrümpfe lindern die Beschwerde bei einer Thrombose. Nach tiefer Venenthrombose (TVT) wird die Kompressionstherapie für bis zu 2 Jahre fortgeführt und das Risiko für ein postthrombotisches Syndrom zu senken.
  • postthrombotisches Syndrom (PTS): Ca. 50% aller Personen entwickeln nach einer tiefen Venenthrombose ein PTS. Es handelt sich um eine CVI als Folge einer Thrombose.

Nicht venöse Ödeme (Schwellungen) auch als Indikation

Bei Schwellungen helfen Kompressionsstrümpfe Flüssigkeit aus dem Gewebe zu leiten. Durch den Druck von aussen wird zudem die Filtration von Flüssigkeit aus den Gefässen ins umliegende Gewebe reduziert und so die Schwellung schon im Entstehen gehindert.

  • Lymphödem: Transportiert das Lymphsystem nicht mehr ausreichend Flüssigkeit aus dem Gewebe, kommt es zu Schwellungen. Das Lymphödem kann angeboren sein oder durch eine Verletzung (Unfall, OP, Krebstherapie) der Lymphgefässe entstehen.
  • Posttraumatisches Ödem: Nach einer Verletzung kann es zu vorübergehenden Schwellungen, oder zur Entstehung eines Lymphödems kommen.
  • Postoperatives Ödem: Vor allem nach Bauch- und Bein-OP’s kann es zu Beinschwellungen kommen. Gerade bei Schwellungen im Operationsbereich ist die Kompressionstherapie sinnvoll, um ideale Voraussetzungen für die Heilung zu schaffen. Es gibt auch Kompressionsstrümpfe für den Arm.
  • Immobilitätsödem: Zu wenig Bewegung ist gerade bei älteren und adipösen Personen eine häufige Ursache für geschwollene Beine.
  • Medikamentös bedingte Ödeme: Hier ist die Kompressionstherapie nur die zweite Wahl. Wenn immer möglich sollte mit einer Medikamentenumstellung die Ursache für das Ödem ausgeschaltet werden.
  • Lipödem: Aufgrund einer Fettverteilungsstörung kann es zu Wassereinlagerungen an Oberschenkel und Hüfte kommen.
VenoTrain micro
Bei leichten Beschwerden eignen sich auch feine, elastische Strümpfe (z.B. VenoTrain micro).
Juzo Dynamic
Fortgeschrittene Venenleiden erfodern einen festen Strumpf (z.B. Juzo Dynamic).

Schwangerschaft als Indikation für Strümpfe

  • bei Krampfadern oder Schwellungen in der Schwangerschaft: Das gesteigerte Blutvolumen belastet die Venen.
  • zur Reduktion des Thromboserisikos: In der Schwangerschaft bis sechs Wochen nach der Geburt ist das Thromboserisiko durch die veränderte Blutzusammensetzung erhöht.

Weitere Indikationen

  • nach Verbrennungen: Verbrennungsnarben neigen zu Wulstbildung und Kontrakturen. Kompression begünstigt eine flache, bewegliche Narbe. Anwendung häufig in Kombination mit Silikonpflastern.
  • Narbenbehandlung: Auch Narben nach Unfällen oder Operationen können mit Kompression behandelt werden. Angezeigt ist das etwa, wenn die Narbe zu wachsen beginnt, oder bei Personen mit bekannter Neigung zu Keloiden.

Relative Kontraindikationen

In manchen Fällen lindert das tragen von Kompressionsstrümpfen die Beschwerden, birgt aber auch ein Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen. Hier darf das Tragen der Kompressionsstrümpfe nur nach vorheriger Absprache mit der Ärztin und unter engmaschiger ärztlicher Kontrolle erfolgen.

  • Schwere Sensibilitätsstörungen der Extremitäten
  • Fortgeschrittene periphere Neuropathie
  • Rheumatoide Arthritis (Primäre chronische Polyarthritis)
  • Nässende Dermatose
  • Bei einem ABI zwischen 50 und 60 mmHg: Hier ist die Kompressionstherapie nur mit unelastischen Materialien angezeigt

Absolute Kontraindikationen für Kompressionsstrümpfe

Bei manchen Erkrankungen dürfen keine Kompressionsstrümpfe getragen werden.

  • Fortgeschrittene periphere arterielle Verschlusskrankheit (paVK): Wenn ABI < 0,5; Knöchelarteriendruck < 60 mmHg; Zehendruck < 30 mmHg; TcPO2< 20 mmHg am Fussrücken; der behandelnde Arzt kann diese Messwerte ermitteln.
  • Dekompensierte Herzinsuffizienz (NYHA III+IV)
  • Septische Phlebitis
  • Phlegmasia coerulea dolens

Kompressionstherapie – mehr als Kompressionsstrümpfe

Die Kompressionstherapie wird meist mit medizinischen Kompressionsstrümpfen durchgeführt. Alleine diese Produktegruppe bietet ein breites Spektrum an unterschiedlichen Gestricks-Qualitäten. Ein hochelastischer Kompressionsstrumpf erzeugt dabei eine andere Wirkung als ein wenig elastischer oder flachgestrickter Kompressionsstrumpf. Weiter gibt es Spezialkompressionsstrümpfe, etwa mit einem Unterstrumpf für die Ulcus Behandlung, oder mit reduziertem Druck im Fussbereich für Diabetiker.

In manchen Fällen sind Kompressionsstrümpfe nicht das richtige Hilfsmittel für die Kompressionstherapie. Etwa wenn das Bein stark geschwollen ist, oder die arterielle Durchblutung reduziert ist. Hier sind Klettbandagen und Wraps eine gute Alternative, weil sie unelastisch sind und man sie an unterschiedliche Beinumfänge anpassen kann.


Quellen:

Rabe E. (2018): Leitlinie: Medizinische Kompressionstherapie der Extremitäten mit Medizinischem Kompressionsstrumpf (MKS), Phlebologischem Kompressionsverband (PKV) und Medizinischen adaptiven Kompressionssystemen (MAK); AWMF-Registernummer: 037/005

https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/037-005l_S3k_Medizinische-Kompressionstherapie-MKS-PKV_2019-05.pdf

Erika Mendoza (2013): Wirkweise und Indikationen zur Kompression in der Praxis; ARS MEDICI 3 122-124

https://www.rosenfluh.ch/media/arsmedici/2013/03/Wirkweise_und_Indikationen_zur_Kompression_in_der_Praxis.pdf

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